Erleuchtung durch Philosophie |
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Wir können ihren Beginn bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts zurückdatieren, und sie scheint nicht enden zu wollen: Die Aufklärung. Die segensreichen Errungenschaften, die sie uns gebracht hat, wären ohne die Philosophie, auf der sie fußt, undenkbar. Es war jedoch nicht eine |
einzige philosophische Richtung, nicht ein einzelner Mann, der ihr Gestalt verlieh. England, Frankreich und Deutschland steuerten ihren Teil hinzu. Erst der vereinte Einfluss aller geistigen Strömungen führte zu den Veränderungen, von denen unser alltägliches Leben ebenso wie die Wissenschaften erfasst wurden. |
Der
Rationalismus (von lat. ratio „Vernunft“) der Aufklärung hat
seinen Ursprung in Frankreich, im Schaffen des René Descartes. Auch
wenn der Rationalismus eine lange Geschichte besitzt - bereits
Plato (427-347 v.Chr.) war ein Rationalist – war Descartes der erste
moderne Rationalist und der Vater der modernen Philosophie. Sein Geist
gab sich nicht mit den Erkenntnissen des Mittelalters zufrieden und
suchte nach neuen Wegen. Hierbei wurde das Zweifeln zu seinem
wichtigsten Instrument1. Er begann nach unanzweifelbaren Wahrheiten zu
forschen. Zu diesem Zweck stellte er folgendes Szenario auf:
Angenommen sein ganzes Leben sei der Traum eines Dämon, wessen konnte
er sich dann noch sicher sein? Unbestreitbar konnte er sich nun der
Tatsache sicher sein, dass er dachte, da das Zweifeln eine Art des
Denkens ist. Folglich musste er existieren, denn irgendjemand musste
den Prozess des Denkens ausführen. Dies führte ihn zu dem Schluss:
„Ich denke, also bin ich...“
René Descartes
Dieser scheinbar so simple Satz erlaubte ihm, ein neues philosophisches Modell zu errichten. Dieses sollte unter dem Namen „Rationalismus“ die Epoche der Aufklärung prägen, und seine Folgen sind noch heute nicht völlig abzusehen.
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Der Rationalismus erlaubte es den Philosophen, Theorien aufzustellen, ohne dabei Rücksicht auf die äußere Welt zu nehmen. Dies geschieht, indem der Verstand zur einzigen Erkenntnisquelle gemacht wird. Laut Descartes ist alles, „was vom Verstand ebenso klar und deutlich erkannt werden kann wie dieser Satz („Ich denke...“)“2, wahr. Somit wird der menschliche Verstand zum Maßstab für Wahrheit und Unwahrheit, zum entscheidenden Instrument, mit welchem der Mensch die Welt wahrnimmt und beurteilt. Folglich können Erkenntnisse durch logisches Hinterfragen, Verknüpfen und Schlussfolgern erlangt werden, ohne jede äußere Hilfe. Diese Konzentration auf den rationalen Verstand sollte zu dem vielleicht bedeutendsten Merkmal der Aufklärung werden. Descartes führte somit das kritische Infragestellen aller bestehenden und überlieferten Erkenntnisse in die Philosophie ein. Da die Philosophie damals, vor der Aufsplitterung der Wissenschaften, noch die Naturwissenschaften mit einschloß, profitierten diese ebenso davon. Wissenschaftliche Theorien, die seit der Antike unangetastet geblieben waren, erfuhren eine kritische Untersuchung. Nicht blinder Glaube in die Erkenntnisse vergangener Epochen vernebelte länger unsere Sicht. So konnte sich endlich das heliozentrische Weltbild durchsetzen, für das sich noch vor zwei Jahrhunderten Galileo vor der heiligen Inquisition verantworten musste. Und wieviel Aberglaube und Magie konnten aus unseren Wissenschaften vertrieben werden, nun, dass Vernunft und Verstand in unserem Forschen, in unserem ganzen Weltbild die Kontrolle übernahmen? So sehen wir mit an, wie die Astrologie mehr und mehr kritisiert wird3, während sich die Astronomie nach der Aufsplitterung der Wissenschaftsbereiche zur Leitwissenschaft, ja zur erhabendsten unter den jungen Naturwissenschaften entwickelte4. Wer wollte widersprechen, dass die Barbareien des Mittelalters heute wohl kaum noch möglich seien? Wie unwahrscheinlich erscheint es, dass Menschen noch einmal so verblendet handeln könnten, wie es zur Zeit der Hexenverbrennungen geschah? |
Der deutsche Rationalismus
Auch
im deutschen Sprachraum waren die Denker nicht untätig. Der Gebrauch
der Vernunft und der Ratio breitete sich ebenfalls in diesem Teil
Europas aus. Im Gegensatz zu Empirismus und
Rationalismus, die sich
auf das Diesseitige, vom Verstand Wahrnehmbare, konzentrierten,
spielte die Existenz Gottes im deutschen Rationalismus allerdings eine
tragende Rolle (auch wenn Empirismus und Rationalismus diese nicht
ausschließen oder verneinen). Diese zeitweillige Vorherrschaft der
Metaphysik lässt sich schon heute als deutsche Besonderheit
identifizieren5, durch welche sich der deutsche Rationalismus von den
französischen und englischen philosophischen Strömungen der Zeit
unterscheidet. Ihren
Ursprung haben die Prinzipien der Metaphysik „aus theoretischen
Voraussetzungen nach den Gesetzen der Vernunft“6. Hier zeigt sich die
Verbindung zwischen französischem und deutschem Rationalismus: Auf
beiden Seiten des Rheins sind Vernunft und Ratio die wichtigsten
Werkzeuge. Jedoch sind Erfahrung und Beobachtung, die Stützpfeiler
des in den englischen und französischen Wissenschaften herrschenden Empirismus, im deutschen Rationalismus sogenannten Ableitungen aus höheren
Prinzipien nachgeordnet. Und diese Prinzipien, welche aus einem religiös-aufgeklärten
Weltbild abgeleitet sind, haben ihren Ursprung stets im Glauben an die
Existenz eines Gottes. Sie gilt im deutschen Rationalismus als
allerletzter vorauszusetzender Grund. Jedoch werden Beobachtung und
Erfahrung als wissenschaftliche Verfahren nicht abgelehnt7. Unter diesen Voraussetzungen nimmt es nicht Wunder, dass Gottfried Wilhelm Leibniz, erster und vielleicht wichtigster Denker des deutschen Rationalismus´, von einem harmonischen Miteinander von Mensch und Gott ausgeht.
Gottfried Wilhelm Leibniz
Laut Leibniz philosophischem System hat Gott die Gegensätze seiner Schöpfung harmonisch miteinander verbunden. Überwältigend optimistisch ist – vor allem nach dem im letzten Jahrhundert vorherrschenden Pessimismus – seine These, Gott habe die beste aller möglichen Welten geschaffen. Denn warum sollte er sich die Mühe der Weltenschöpfung gemacht haben, wenn er dabei nicht ein vollkommenes Resultat erzielen wollte? Noch ist nicht abzusehen, wie das philosophische Modell Leibniz´ mit seinem ihm innewohnenden Idealismus kommende Generationen beeinflussen wird. Unzweifelbar ist jedoch, dass die oben beschriebene Einbeziehung Gottes in Leibniz´ philosophisches und damit gleichzeitig wissenschaftliches Modell für die Wissenschaft von größter Bedeutung ist. Es entsteht der Bereich der Physikotheologie, welche die Erscheinungen der Natur nicht durch Beobachtung (wie der Empirismus), sondern durch das Wirken Gottes erklärt
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und wesentlicher
Teil der
theoretischen Philosophie ist. Dies ändert sich
jedoch mit dem später wachsenden Einfluss des Empirismus. Doch
nicht nur in seiner Lebenshaltung unterscheidet sich Leibniz von den
Konventionen des Barock. Auch
in Bezug auf die Sprache entfernt sich Leibniz von der überladenen
barocken Rhetorik und dem Vorbild der Antike und propagiert indessen
den Gebrauch der Sprache als „Spiegel des Verstandes“8: Sprache sei
in der Lage, die durch den Einsatz der Ratio gewonnenen Erkenntnisse
adäquat wiederzugeben. Somit muss die Sprache selbst klar und
deutlich sein, Verschnörkelungen wie sie zur Zeit des Barock die
Literatur kennzeichneten, sind verpönt. Dieses Ideal der
Eindeutigkeit und Sachlichkeit als klare Folge der überragenden
Bedeutung der Vernunft hat Auswirkungen auf Wissenschaft und
Literatur. Besonders letztgenannte wird durch jenes Ideal geprägt:
Sachliche Beschreibung der Dinge durch Verwendung schlichter Formen
wird zu einem der wesentlichen Ziele der
Literatur. Doch es benötigt Zeit, bis sich Leibniz´ Theorien durchsetzen. Verantwortlich dafür ist Christian Wolff.
Er verdeutlichte und systematisierte Leibniz Philosophie und machte sie somit einem breiteren Publikum zugänglich. Entscheidend war hierfür auch Wolffs Übersetzung der Werke Leibniz´ ins Deutsche9. Er begründete in breiten Schichten jene Vorstellungen, die wir noch heute als typisch für die Aufklärung ansehen: eine Kultur des Verstandes, die auf Nützlichkeit und moralische Verbesserung abzielt, optimistischer Fortschrittsglaube, die Neuordnung der Beziehungen zwischen Staat, Kirche und Gesellschaft10. Eine weitere seiner großen Taten ist die Trennung der Philosophie in kirchliche Theologie, theoretische Philosophie (Unterbereiche Ontologie, Kosmologie, Psychologie und der natürlichen Theologie) und praktische Philosophie11. Diese Aufteilung wird für die weitere Entwicklung der Philosophie und der Wissenschaften von entscheidender Bedeutung sein, da sie bereits auf die Aufsplitterung der Wissenschaftsbereiche verweist. Der Begriff „Praktische Philosophie“ impliziert eine größere Orientierung der Wissenschaft zur Praxis hin. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen mehr und mehr auf Erfahrung und Beobachtungen basieren, müssen anwendbar sein, und verlieren mit der Zeit ihren Charakter als philosophische Thesen, wie dies in der theoretischen Philosophie der Fall war. Zusammen mit dem Einfluss des englischen Empirismus sorgt diese Betonung des Praxisbezugs für die Entwicklung zu einer stärker erfahrungsbezogenen Wissenschaft und letztendlich zur Aufsplitterung der Wissenschaftsbereiche (zuvor zusammengefasst als theoretische Philosophie) während der letzten Jahrzehnte.
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Nicht nur der europäische Kontinent machte revolutionäre Fortschritte auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften. England, stolzer Vorreiter der demokratischen Strukturen, machte sich ebenfalls verdient um die geistige Fortentwicklung während der Aufklärung. John Locke (1632-1704) entwickelte eine Philosophie, die in ihren Grundlagen einen Gegenpol zum französischen Rationalismus darstellte.
John Locke Während
der Rationalismus französischer Prägung davon ausgeht, Erkenntnisse
seien durch den alleinigen Einsatz des Verstandes zu erlangen, geht
der Empirismus davon aus, dass sie durch Erfahrungen und Beobachtungen
zu gewinnen seien. Die „empirische Welt“ ist nicht die Welt des
Verstandes (auch wenn hier natürlich Logik und Ratio herrschen),
sondern die Welt der Sinne: Hören, Sehen, Fühlen etc. Für Locke ist
die menschliche Seele bei ihrer Geburt eine tabula
rasa, ein unbeschriebenes Blatt. Erst durch die Erfahrungen, die
der Mensch im Laufe des Lebens macht, durch das Lernen aus falschen
und richtigen Handlungen, wird sein Wesen geformt. Hier liegt der
wesentliche Unterschied zum Rationalismus: Nicht Verstand ist der
wesentliche Faktor, sondern Sinneseindrücke.
Während Locke dem Verstand als Voraussetzung für Vernunft
jedoch durchaus Bedeutung beimisst – er stellt sie sogar über
jegliche Form metaphysischer Spekulation, was den Empirismus zu einem
Gegenpol der Metaphysik bzw. theoretischen Philosophie macht – geht
der englische Philosoph David Hume (geboren 1711) in seinen Werken
noch weiter und versucht zu beweisen, dass Vernunft und rationale
Urteile „bloß gewohnheitsmäßige Assoziationen bestimmter
Sinneswahrnehmungen und Erfahrungen seien“12.
David Hume
Für die geschichtliche Entwicklung ist der Empirismus von allergrößter Bedeutung. Wo wäre unsere moderne Wissenschaft, von der wir heute so stolz sprechen, basierte sie nicht auf der systematischen Beobachtung der Natur, wie sie uns der Empirismus vorgibt? Ohne zu übertreiben, lässt sich hier von einer Entwicklungsstufe
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der neuzeitlichen
Naturwissenschaft sprechen. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden
nicht länger durch abstrakte Verstandesvermutungen gewonnen (wie in
der theoretischen Philosophie), sondern durch stetiges Messen und Überprüfen.
Doch vor allem die Experimente sind es, welche die Wissenschaft
revolutionieren: Die künstliche Nachstellung vorhandener Situationen
in der Natur ist eine revolutionäre Idee, welche die Forschung
ungeheuer systematisiert und beschleunigt. Nun ist die Wissenschaft
erfahrungsbezogen und anwendungsorientiert,
d.h. sie steht in direktem Bezug zur Realität und liefert damit
Resultate, die praktischen Nutzen besitzen und auch besitzen sollen.
Zudem läßt sich schon zum heutigen Zeitpunkt sagen, dass diese
Zielbestimmung von Wissenschaft und Experimentieren zu einem der prägenden
Merkmale unserer Zeit werden sollte.
Es
war abzusehen, dass eine solch revolutionäre geistige Strömung sich
nicht auf ein einziges Land beschränken konnte. Schon bald breitete
sich der Einfluss des Empirismus auf das europäische Festland aus.
Zunächst beeinflusste er lediglich die französischen Wissenschaften.
Deutschland widerstand ihm länger, denn wie oben gezeigt, herrschte
in Deutschland lange die Metaphysik, die sich auf Gott und den
Rationalismus berief und somit konträr zum Empirismus stand. Doch
auch hier hielt er schließlich Einzug und wurde zur bestimmenden
Geistesströmung. Jedoch hatte der Empirismus noch weiterreichende
Folgen, die sich allerdings erst in den letzten Jahrzehnten bemerkbar
gemacht haben. Die
Aufsplitterung der Wissenschaftsbereiche; jene Bewegung, die in den
letzen beiden Jahrzehnten sämtliche Wissenschaften erfasst hat: Sie
wurde durch den Empirismus ausgelöst. Denn während zuvor all jene vielfältigen Wissenschaften, ob nun die
Natur, die Sprache oder den Geist betreffend, unter den Begriff
„theoretische Philosophie“ bzw. Metaphysik zusammengefasst wurden,
haben sich diese in den letzten 20 Jahren zu eigenständigen
Wissenschaftszweigen entwickelt. Die Gründe hierfür sind trotz der
Aktualität dieser Entwicklung leicht auszumachen: Wie oben gezeigt,
steht der Empirismus konträr zur Metaphysik, von welcher die
Wissenschaft bis dahin beherrscht worden war. Während es zuvor gang
und gäbe war, Philosophie und Wissenschaft zu vermengen -
philosophische Thesen waren gleichzeitig wissenschaftliche Theorien,
was das Phänomen der Universalgelehrsamkeit (s. Einleitung) ermöglichte
- und wissenschaftliche Erkenntnisse durch den alleinigen Gebrauch des
Verstandes zu erlangen, müssen die Ergebnisse der Wissenschaft nun
auf präzisen und wiederholten Beobachtungen beruhen. Dass dies im
krassen Gegensatz zur „Arbeitsweise“ der Philosophie steht, wird
kein Mann bezweifeln. Ausserdem müssen nun, nachdem das Experiment
zur wichtigsten Arbeitsgrundlage geworden ist, an den jeweiligen
Wissenschaftsbereich angepasste Forschungsmethoden entwickelt werden:
Unterschiedliche Methoden für unterschiedliche Wissenschaften. So würde
nun beispielsweise ein Astronom mit seiner Arbeitsweise bei
Forschungen in der Biologie auf Granit beißen. Hinzu kommt noch, dass
nun Forschungsergebnisse anwendbar und praxisbezogen sein sollen.
Abstrakte, auf Annahmen basierende Thesen, die nicht durch
Beobachtungen belegt sind (wie sie die Physikotheologie
liefert), passen nicht mehr in das neue Schema. Nun wird es niemanden Wunder nehmen, dass sich folgende Entwicklung absehen lässt: Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer, in welchen die Methoden des Empirismus anwendbar sind, werden einen starken Bedeutungszuwachs erfahren. Es läßt sich prognostizieren, dass zeitgleich das Ansehen der metaphysischen Naturlehre schwinden wird13. Die Zukunft wird zeigen, ob sich diese Entwicklung fortsetzen mag, und wohin sie führt.
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Bedenkt
man, dass der Determinismus ebenso wie der Empirismus seinen Ursprung
in England hat, verwundert es nicht, dass zahlreiche Parallelen
zwischen diesen beiden Geistesströmungen bestehen. Auch wenn der
Determinismus sich zunächst auf physikalische Begebenheiten bezieht,
sollte er auch Konsequenzen für die Philosophie haben. Der
Determinismus geht davon aus, dass alle Ereignisse Resultate
vorheriger Ursachen sind. Anders gesagt: Wo ein Ereignis geschieht,
muss es auch eine Ursache hierfür geben. Wenn beispielsweise eine
Eisenstange erhitzt und diese sich ausdehnt, können wir davon
ausgehen, dass die Hitze für die zu beobachtende Ausdehnung
verantwortlich ist. Es war der englische Physiker Isaac Newton, einer der hellsten Geister der letzten Jahrhunderte, der mit dieser Annahme zunächst die Physik revolutionierte.
Denn obige Aussage über Ursache und Wirkung lässt sich natürlich weiterdenken. Aus einer Reihe gleichartiger Beobachtungen lässt sich schließen, dass gleiche Ereignisse auch gleiche Gründe besitzen müssen. Somit ist es möglich, ein allgemeingültiges Gesetz aufzustellen, das sich auf alle Ereignisse der selben Art beziehen lässt. Es ist das Ziel, „aus dem Sichtbaren das Nicht-Sichtbare zu erschließen.“14 Noch mehr: Kennt man die Gesetze, nach denen die Natur sich richtet, muss es möglich sein, physikalische Ereignisse vorherzusagen und somit Kontrolle über die Natur zu gewinnen. Dies prägt wesentlich die Vorstellung von der Natur in der Aufklärung: Die Welt funktioniert wie eine Maschine nach festen Regeln und Gesetzen. Es muss aber beachtet werden, dass im Determinismus diese Regeln auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen basieren (hier zeigt sich die |
Nähe zum Empirismus, für den die Naturbeobachtung oberste Prämisse war), während in der Metaphysik die Ordnung und Gesetze der Welt auf göttlichem Willen beruhten.
Titel von Newtons Schrift "Die mathematischen Prinzipien der Naturphilosophie"
Unschwer
lässt sich nun erkennen, wo die Verbindung zum Empirismus liegt: Um
die Gesetze der Natur zu erkennen, bedarf es systematischer
Beobachtung der Natur und damit verbunden methodischer Durchführung
von Experimenten und Versuchsreihen. All dies sind Arbeitsweisen, die
der Empirismus in die Wissenschaft einführte. So lässt sich zum Verhältnis
von Empirismus und Determinismus sagen, dass das eine nicht ohne das
andere denkbar wäre. In der Wechselwirkung zwischen den beiden
Gedankenmodellen liegt zweifellos ihr Erfolg in letzter Zeit. Ein aufregendes neues Forschungsgebiet ergibt sich, wenn nun der Gedanke des Determinismus auf den Menschen übertragen wird. Mit einem Mal stellt sich eine Unzahl von Fragen: Gibt es für das Verhalten des Menschen genauso Gesetze wie für physikalische und biologische Vorgänge? Ist der Mensch in seiner Seele ebenso eine Maschine wie in seinem physischen Wesen? Gibt es individuelle Abweichungen von diesen Gesetzen, wie entstehen sie und sind sie reversibel? Noch gibt es wenige Antworten auf diese Fragen, doch die Wissenschaft der Menschenkenntnis hat begonnen, nach Erkenntnissen zu suchen. Wir dürfen höchst gespannt sein, welche Einsichten uns dieser noch junge Zweig der Wissenschaft in den nächsten Jahrzehnten bringen wird. Simon Elchlepp und Raphaela Eickhoff |
Anmerkungen der Herausgeber des Nachdrucks:
1 www.roga.demon.co.uk/frames.htm
2 ebda.
3 vgl. Baasner/Reichard, Philosophie - Wissenschaften.- In: Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Empfindsamkeit, Stuttgart 2000 (CD-Rom)
4 vgl. Baasner/Reichard, Naturwissenschaften - Am Beispiel Atronomie.- In: Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Empfindsamkeit, Stuttgart 2000 (CD-Rom)
5 vgl. Baasner/Reichard, Rationalismus - Empirismus.- In: Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Empfindsamkeit, Stuttgart 2000 (CD-Rom)
6 ebda.
7 ebda.
8 Helmut Nürnberger, Geschichte der deutschen Literatur, München 24. Aufl. (2. Nachdruck) 1995
9 Christoph Schmitt, www.bautz.de/bbkl/w/wolff_c.shtml
10 Helmut Nürnberger, Geschichte der deutschen Literatur, München 24. Aufl. (2. Nachdruck) 1995
12 Hume, David.- In: Encarta 2000,Microsoft Corp. 2000
13 vgl. Baasner/Reichard, Naturforschung - Naturbeherrschung.- In: In: Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Empfindsamkeit, Stuttgart 2000 (CD-Rom)
14 vgl. Baasner/Reichard, Rationalismus - Empirismus.- In: In: Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Empfindsamkeit, Stuttgart 2000 (CD-Rom)