Sprachgesellschaften des letzten Jahrhunderts – Ein Kommentar

Hatten die Sprachgesellschaften des letzten Jahrhunderts einen Nutzen für unsere heutige Gesellschaft, oder waren sie nur Unterhaltungsmöglichkeit für adelige und gelehrte Männer? Argumente gibt es sicherlich für beide Auffassungen. Festzustellen ist zuerst, dass so gut wie alle bedeutenden Autoren unseres Zeitalters einer der großen, meist sogar mehreren Sprachgesellschaften angehörten. Harsdörffer  beispielsweise war nicht nur Mitbegründer des Pegnitzer Blumenordens, sondern auch Mitglied in der „Fruchtbringenden Gesellschaft". Großer Vorteil der Sprachgesellschaften war der rege, vor allem schriftliche, Kontakt, der durch sie zwischen den einzelnen Künstlern hergestellt wurde. So waren alle Dichter ständig über die Arbeit ihrer Kollegen informiert, selbst wenn diese noch nicht erschienen war oder sie sich nicht häufig sahen.

Aus den Satzungen der Sprachgesellschaften geht hervor, dass die Reinhaltung der deutschen Sprache zu jeder Zeit ihr größtes Ziel sein sollte, dies war vor allem für Übersetzungen wichtig. Auch förderte die Sicherung der deutschen Sprache das Nationalbewusstsein was das Ansehen der Sprachgesellschaften in der Gesellschaft erhöhte. Aber es gab auch Fakten, die vermuten lassen, dass den Autoren selbst die Sprache und ihre Erhaltung sowie andere Tugenden, die durch die Satzungen der einzelnen Gesellschaften vermittelt werden sollen, viel weniger wichtig war als es den Anschein hat. In diesen Schriftstücken wurde von den Mitgliedern verlangt, höflich zu sein, keinen ihrer Kollegen zu beleidigen und vor allem auch nützlich für die Gesellschaft zu arbeiten. Außerdem stellen viele Gesellschaften ein christliches Glaubensbekenntnis als Bedingung. Allerdings lässt auch einiges an der Ernsthaftigkeit solcher Sprachgesellschaften zweifeln. So betonte

 

selbst Lilidor, seinerzeit Präses des Blumenordens, stets die Wichtigkeit ungezwungener Unterhaltungen und Treffen im Irrhain.

Auch Accessoires wie ovale, doppelseitig bemalte Wappen, die die Mitglieder der Gesellschaften trugen, wirken nicht auf Anhieb, als seien sie für die Bearbeitung und Formulierung von Texten und den Schriftverkehr zwischen Autoren notwendig. Dies gilt auch für die „Spitznamen" der Poeten, die häufig aus der Natur entlehnt waren. So nannten sich die Mitglieder des Palmenorden nach Pflanzen oder deren Eigenschaften, wie beispielsweise Friedrich von Logau, der „der Verkleinernde" genannt wurde. 

Außerdem übertrieben einige der Dichter das Vorhaben, die Sprache von ausländischen Worten zu reinigen, so dass Worte entstanden, die nie in den realen Sprachgebrauch übernommen wurden. So würde heute, fast 100 Jahre nach der Blütezeit der Gesellschaften, niemand mehr eine Nase als „Gesichtserker" bezeichnen. Auch war die Mitgliedschaft in einem solchen Orden nur einer eingeschränkten Gruppe von Leuten vorbehalten, was den Eindruck einer gewissen Elite hervorrufen kann.

Abschließend kann man jedoch sagen, dass die Erfolge der Sprachgesellschaften, die heute überall in der Gesellschaft spürbar und kaum noch wegzudenken sind, alle negativen Aspekte in den Schatten stellen. So verdanken wir ihnen heute häufig verwendete deutsche Wörter wie „Bürgersteig" oder „Schranke", sowie „Die teutsche Rechtschreibung" und weitere Werke, die die Sprache übersichtlicher, klarer und somit auch „reiner" erscheinen lassen.

Und zusätzlich bietet die deutsche Sprache und ihre Erhaltung uns Deutschen die Möglichkeit, uns mehr auf unsere Identität als Deutsche zu besinnen.

 

Julia Belgutay